Die demografische Entwicklung und die steigende Lebenserwartung haben erhebliche Auswirkungen auf die Finanzierung der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) sowie der Pensionskassen (PK). Laut Bundesverfassung sollten bei der Pensionierung die Auszahlungen aus diesen beiden Säulen des Rentensystems den gewohnten Lebensstandard aufrechterhalten. In der Praxis geht man dabei von rund 60% des letzten Lohnes aus. Eine Studie des Vermögenszentrums zeigt jedoch, dass die Beiträge aus der Pensionskasse immer tiefer ausfallen und zu einer grösseren Einkommenslücke führen. Erwerbstätige müssen heute mit bis zu 40% tieferen Leistungen als noch vor 20 Jahren rechnen.

Auf der Ausgabeseite sieht die Situation für Rentner nicht entspannter aus. Zwar entfallen berufliche Auslagen und die Kinder sind meist ausgezogen, doch bleiben hohe fixe und obligatorische Kosten bestehen. Ein Rentnerpaar muss etwa 17% seines Renteneinkommens für Steuern aufbringen, während die Grundversicherung der Krankenkasse rund 10% ausmacht. Die Wohnkosten liegen im Schnitt bei zirka 13%. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Rentnerpaare sind beim Wohnen am grössten. Wer im Eigentum wohnt, profitiert aktuell von der tiefen Zinslage. Ebenso zahlen Paare, die schon lange in der gleichen Wohnung sind in der Regel weniger Miete. Der Anteil der Wohnauslagen kann zwischen 10-40% schwanken. Spätestens mit dem Tod eines Partners steigt der Anteil im Durchschnitt auf 22 % des Renteneinkommens.

Diese genannten fixen bzw. obligatorischen Kosten verschlingen bereits 40-50% des Renteneinkommens. Zusätzliche Ausgaben für Gesundheit, wie Medikamente, Lebensmittel oder der obligatorische Serafe-Beitrag, sind dabei noch nicht eingerechnet.
Dass die Kosten eine starke Belastung darstellen, verdeutlichen auch die Zahlen der AHV-Statistik. Von 2.5 Millionen AHV-Beziehern leben fast 800’000 im Ausland, vorwiegend in Westeuropa. Diese Zahl hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt. Auch der Anteil von Schweizerbürgern, die ins Ausland ziehen, nimmt kontinuierlich zu.
Die Rentenbeiträge fallen heutzutage prozentual tiefer aus. Die Ausgaben betreffen grösstenteils fixe bzw. obligatorische Auslagen. Die politische Diskussion dreht sich aber immer um den ersten Teil – den Beiträgen. Die Ausgabeseite wird vernachlässigt, dabei haben die Anteilverschiebungen der Kosten einen erheblichen Einfluss auf die Lebenssituation der Rentner. Insbesondere Steuern und Krankenkasse machen mit der Pensionierung einen deutlich höheren Anteil aus.

Die hohen Prämien für die Grundversicherung bei den Krankenkassen sind ein grundlegendes Problem, das alle Bürger betrifft. Dieses Thema wird hier nicht weiter vertieft, da dazu separate Blogbeiträge vorgesehen sind.
Statt die Steuerbelastung für Rentner zu senken, wird derzeit eine höhere Besteuerung von Kapitalbezügen aus der Pensionskasse angestrebt. Dies ist so, als würde man während eines laufenden Spieles die Regeln ändern. Das oben erwähnte Auswandern ins Ausland wird attraktiver. Selbst ein Umzug nach Deutschland kann sich lohnen. Fällt auf die AHV-Beiträge keine Quellensteuer an und werden Altersrenten nur teilweise oder gar nicht besteuert, wie z.B. in Thailand, führt dies zu einer enormen Steigerung der Kaufkraft und des Lebensstandards. In der Schweiz werden AHV- und PK-Beiträge vom Bruttolohn der Erwerbstätige abgezogen und nicht besteuert. Dies ist in anderen Ländern nicht der Fall, weshalb zur Minderung der Doppelbesteuerung bei der Auszahlung der Rente jährlich gestaffelte Steuererleichterungen angewendet werden. Das Argument der Doppelbesteuerung kann in der Schweiz nicht zur Steuererleichterung vorgebracht werden, trotzdem gibt es andere Gründe für eine tiefere Besteuerung von Renten: Das Risiko für Altersarmut wird verringert, die Lebensleistung der Rentner wird anerkannt, das Sozialsystem (z.B. Ergänzungsleistungen) wird entlastet, der Konsum wird gefördert und somit die Wirtschaft gestärkt. Zudem nimmt mit zunehmendem Alter die Nutzung der öffentlichen Infrastruktur stetig ab (z.B. Mobilität, Bildung), während das Gesundheitswesen tendenziell stärker beansprucht wird. Wie aber oben geschrieben, ist dieses grundsätzlich zu reformieren.
Die vorgeschlagene Steuersenkung ist sicherlich ein komplexes Thema – vielleicht wird sie deshalb nicht vorgebracht. Etwas einfacher umzusetzen wären hingegen Erleichterungen bei den Wohnkosten. Heute besitzen etwa 60% der Rentner Wohneigentum. Zwar hat das Wohneigentum in der Schweiz in den letzten Jahren zugenommen, doch über alle Altersgruppen hinweg liegt der Anteil bei etwa 37% und ist im Vergleich zu anderen Europäischen Ländern sehr tief. Ergänzend kommt hinzu, dass in der Schweiz Hypotheken systembedingt aufgrund des fiktiven Eigenmietwerts und der Steuervorteile beim Schuldenabzug häufig nicht abbezahlt werden. Ziel sollte es jedoch sein, die Hypothek bis zur Pensionierung vollständig zu tilgen, sodass nach der Pensionierung nur noch die Unterhaltskosten der Immobilie als Ausgaben verbleiben. Eine grobe Schätzung auf Basis der Haushaltsbefragung des Amts für Statistik zeigt ein Einsparungspotential von etwa 8 %.
Nebst der Abschaffung des heutigen Eigenmietwertes, über welches die Bevölkerung demnächst abstimmen wird, wären auch die Rahmenbedingungen für den Erwerb von bezahlbarem Wohneigentum zu verbessern. Mögliche Massnahmen zur Förderung von Eigentumsobjekten (statt Mietobjekten) wären beispielsweise Erleichterungen bei Renovationen, eine Erhöhung der Ausnutzungsziffer, vereinfachte Baubewilligungen, schnellere Zonenumwandlungen bei Zuwanderung und steuererleichterte Vererbung. Einzig für die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentum wären Fördergelder denkbar.
Rentner müssen nicht mehr Vermögen aufbauen, eine entspannte Kostensituation wäre jedoch wünschenswert – auch weil es immer mehr den Mittelstand betrifft. Der Bedarf an Rentenerhöhungen würde sinken oder gar entfallen, was die Finanzierung des Rentensystems erleichtern würde. Wer weniger Ausgaben hat, benötigt auch eine geringere Rente.
Quellen:
Alle Links aufgerufen im Zeitraum vom 10. bis 12. März 2025
Bauer, A. (2022, März 02). Bei den Mieten ist die Ungleichheit gross. Mieten und Wohnen. Abgerufen am 12. März 2025, von https://mietenundwohnen.ch/bei-den-mieten-ist-die-ungleichheit-gross/
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Bundesamt für Wohnungswesen. (o. D.). Wohneigentumsquote. Abgerufen am 12. März 2025, von https://www.bwo.admin.ch/bwo/de/home/Wohnungsmarkt/zahlen-und-fakten/wohneigentumsquote.html
Bundesamt für Wohnungswesen. (2025, März 06). Wohnkosten-Schere öffnet sich 2025 weiter [Pressemitteilung]. https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-104384.html
Ferber, M. (2023, August 23). Vielen Arbeitnehmern drohen nach der Pensionierung Einkommenslücken: Wer heute 100 000 Franken verdient, hat im Alter nur noch gut die Hälfte an Rente. Neue Zürcher Zeitung. https://www.nzz.ch/finanzen/pensionierung-schweiz-sinkende-renten-aus-pensionskassen-sorgen-fuer-luecke-ld.1752621
Steck, A. (2024, Juni 01). Sorgenfrei in Rente? Dazu brauchen Sie ein Vermögen von zwei Millionen. Neue Zürcher Zeitung. https://www.nzz.ch/finanzen/ohne-sorgen-in-rente-laut-experten-brauchen-sie-dazu-ein-vermoegen-von-zwei-millionen-ld.1832540
Steck, A. (2025, März 08). Die Pensionierung als Steuerfalle: Wer auswandert, spart Zehntausende Franken. Neue Zürcher Zeitung. https://www.nzz.ch/wirtschaft/die-pensionierung-als-steuerfalle-wer-auswandert-spart-zehntausende-franken-ld.1872753
VZ Vermögenszentrum. (2024). VZ Pensionierungs-Barometer 2024. Abgerufen am 12. März 2025, von https://www.vermoegenszentrum.ch/wissen/pensionierung-die-einkommensluecke-wird-immer-groesser
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